21.02.2017 FUJIFILM

GFX Technologien #2

Der letzte Artikel hat sich mit dem neuen Sensor der GFX befasst. Diesmal beschäftigen wir uns mit dem G-Bajonett, dem Verbindungsstück zwischen der Kamera und Objektiven. 

Es kommt selten vor, dass Kamerahersteller ein von Grund auf neues Bajonett entwickeln. Schließlich liegt es im Interesse der Kunden, bestehende Anschlüsse möglichst lange zu verwenden. Aber auch aus der Sicht des Herstellers erscheint der Arbeitsaufwand nicht gerade attraktiv, den die Neuentwicklung sämtlicher Objektive für einen neuen Anschluss mit sich bringt. Beide Seiten möchten die Anzahl der zu unterstützenden Bajonette deshalb möglichst gering halten.
Die Sache hat allerdings einen Haken: Wenn man ein „ideales“ System realisieren möchte, darf man das Bajonett nicht mit Technologien von gestern bauen. Hin und wieder springen Kamerahersteller deshalb über ihren eigenen Schatten und führen neue Objektivanschlüsse ein, um dem neuesten Stand der Technik zu entsprechen – doch das erfordert Mut. Für Anwender und Hersteller bedeutet es zunächst eine zusätzliche Belastung. Um sie zu mildern, sollte der Hersteller die gewonnene Freiheit und das Zukunftspotenzial des neuen Bajonett-Anschlusses soweit es geht ausreizen.

1. Zukunftspotenzial und Flexibilität beim Objektiv-Design

Unsere primären Ziele bei der Konzeption des G-Bajonetts waren einerseits maximale Flexibilität für das Objektiv-Design und andererseits ein möglichst großes Zukunftspotenzial, um uns keine Möglichkeiten zu verbauen. Eine Kamera ohne Spiegelkasten ermöglicht Objektivkonstruktionen, an die bisher nicht zu denken war. „Wie kurz könnt ihr die Schnittweite machen?“, lautete die erste Frage der Objektiv-Ingenieure an die Bajonett-Designer. Das Auflagemaß des G-Bajonetts beträgt lediglich 26,7 mm, es ist jedoch möglich, die Hinterlinse noch einen Zentimeter weiter ins Gehäuse hineinragen zu lassen. Die Schnittweite, also der geringstmögliche Abstand zwischen Hinterlinse und Sensor, beträgt dann nur noch 16,7 mm.
Eine geringe Schnittweite ist auch der Grund dafür, dass für spiegellose Systemkameras viele kompakte Weitwinkelobjektive existieren, denn dadurch können große optische Elemente im hinteren Bereich des Objektivs verbaut werden.

2. Robustheit

Der nächste Punkt war die Gewährleistung eines Gefühls von Robustheit und Stabilität. Das GF63mmF2.8 wiegt nur 405 Gramm, das GF32-64mmF4 bereits 875 Gramm und das GF120mmF4 knapp ein Kilogramm. In der Welt des Mittelformats sind das relative Leichtgewichte. Wir versuchen alles, dass auch zukünftige Objektive so leicht wie möglich ausfallen, jedoch wird sich das eine oder andere Schwergewicht nicht vermeiden lassen, während wir unsere Objektivpalette weiter ausbauen. Es wäre deshalb fahrlässig, das Bajonett nicht auch für schwere Objektive auszulegen.
Aus diesem Grund wurde das G-Bajonett an verschiedenen Stellen verstärkt. Es ist 1,6x so dick wie das X-Bajonett und besteht aus hochbelastbarem rostfreiem Stahl. Seine Robustheit kann man aus der dritten Potenz der Stärke ableiten, also 1,6 x 1,6 x 1,6 = 4,096. Das G-Bajonett ist somit viermal so stabil wie das X-Bajonett und konnte im Test Objektivzuladungen bis zu 10 kg verkraften.
Zwar ist es unwahrscheinlich, dass es irgendwann ein 10 kg schweres Objektiv für das G-Bajonett geben wird – größtmögliche Robustheit ist aber dennoch sinnvoll und nützlich, denn unabhängig von seiner Größe übt jedes angeschlossene Objektiv aufgrund der Schwerkraft auf das Bajonett einen gewissen Zug nach unten aus. Somit neigt sich jedes Objektiv zumindest minimal nach unten. Aus optischer Sicht ist das nicht wünschenswert, und dieser negative Effekt wird beim Mittelformat aufgrund des größeren Bildkreises und der höheren Auflösung verstärkt. Deshalb ist ein robustes Bajonett gerade hier besonders wichtig, nicht zuletzt auch hinsichtlich zukünftiger Sensoren mit noch höherer Auflösung.

3. Kraftübertragung

Neben einer geringen Schnittweite fragten die Objektiv-Designer auch nach mehr Leistung für die Stellmotoren. Damit genug Licht auf den großen Sensor einfällt, wollten sie große Linsenelemente einsetzen und sicherstellen, dass ausreichend Kraft zur Verfügung stehen würde, um die Linsengruppen zu bewegen.
Dieses Bild zeigt die Versorgungs-Pins des Bajonetts. Das X-Bajonett besitzt zehn solcher Pins, und das G-Bajonett hat sogar zwölf. Die beiden zusätzlichen Anschlüsse ermöglichen die Bereitstellung von mehr Energie, um die höhere Kapazität des XP-T125 Akkus auszunutzen. Darüber hinaus bieten sie Reserven für den Fall, dass künftig eine Batterie mit noch mehr Leistung zur Verfügung steht. Mögliche Zukunftsentwicklungen müssen bei der Planung eines neuen Bajonetts berücksichtigt werden.

4. Langlebigkeit

Das Deckglas auf dem Sensor schützt den Sensor und dient dazu, Staub abzuschütteln. Das Deckglas sollte dabei so weit wie möglich von der eigentlichen Sensorebene entfernt platziert werden.
Der Grund: Je näher zur Sensorebene sich Staub absetzen kann, umso negativer ist dies für die Bildqualität. Staub auf dem Sensor wird im Bild nämlich umso sichtbarer, je klarer er sich im Schärfentiefebereich um die Sensorbildebene herum befindet.
Das schützende Deckglas sollte deshalb möglichst weit von der Sensorbildebene entfernt platziert werden. In Kameras mit einem Spiegelkasten gibt es dafür allerdings fast keinen Bewegungsspielraum. Das G-Bajonett ist jedoch spiegellos – und hier befindet sich das Sensordeckglas erstaunliche 9 mm vor der Sensorebene. Wer sich mit Objektivanschlüssen etwas auskennt, den wird diese Zahl zweifellos überraschen.

5. Serientauglichkeit

Zu guter Letzt möchten wir über etwas sprechen, das in keinem Datenblatt zu finden ist: die Sicherstellung akzeptabler Toleranzen für die Serienproduktion. Jedes einzelne Bauteil einer Kamera unterliegt bestimmten Toleranzen. Diese müssen während des Herstellungsprozesses in kleinen Schritten justiert werden, um am Ende die gewünschte Leistung zu erzielen. Zu den Aufgaben eines Bajonetts gehört, die Position des Sensors zu fixieren. Diese muss im dreidimensionalen Raum präzise eingestellt werden, um die volle Leistung sicherzustellen.
Beim Mittelformat wird gerne mit einer weiter geschlossenen Blende fotografiert. Das hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass die Sensoroberfläche oft nicht präzise genug positioniert wurde. Dabei würde so mancher Fotograf gerne auch mit Blende 2.8 oder 2 im Mittelformat arbeiten.
Aus technischer Sicht ist der Schärfentiefebereich vor und hinter der Sensoroberfläche nur zehn Mikron dünn. Wenn die Sensoroberfläche also nicht präzise ausgerichtet ist, wird das Bild aufgrund dieser Ungenauigkeit an einigen Stellen unschärfer.
Beim G-Bajonett können wir Winkel und Position des Sensors präzise einstellen, mit Toleranzen von nur wenigen Mikron. Das Ergebnis ist ein Mittelformatsystem, das auch für Aufnahmen mit weit offener Blende geeignet ist.“

Das waren sie also: Fünf Gründe, weshalb das neue G-Bajonett das schon bestehende X-Bajonett ergänzt. Wir können es gar nicht oft genug betonen: Die Einführung eines neuen Bajonetts erfordert Mut. Wenn jedoch ein Bedarf dafür besteht, ist es sinnvoll, vorausschauend zu handeln. Deshalb sagen wir dem G-Bajonett eine großartige Zukunft voraus – und hoffen, dass Sie sich unserer Meinung anschließen werden.