06.06.2019

Streetfotografie: Stellen Sie sich Ihrer Angst – Teil 3

Augenkontakt vermeiden

Augenkontakt zu vermeiden ist nicht leicht (zumindest für freundliche Menschen!) und zunächst gewöhnungsbedürftig. Auf der Straße halte ich aber in der Regel nie Augenkontakt mit Passanten. Eine der wenigen Ausnahmen ist, wenn ich mit meinen Motiven interagieren muss –zum Beispiel bei Straßenporträts.
Sie werden wahrscheinlich mit der Situation vertraut sein: Sie sehen jemanden, den Sie fotografieren möchten, Sie haben Augenkotakt und … die Chance ist vertan. Dieser Sekundenbruchteil des Zögerns, der sich aus dem Augenkontakt ergibt, hat die Gelegenheit zunichte gemacht, und Sie haben das Bild verpasst. Gleiches gilt, nachdem das Bild aufgenommen wurde. Augenkontakt kann dann zu einem Gespräch führen, das Sie wahrscheinlich vermeiden möchten – oder sogar zu einer Konfrontation. Sobald Sie das Bild aufgenommen haben, schauen Sie weg, und erwecken somit den Eindruck, dass Ihre Aufmerksamkeit woanders lag.
Ich finde, eine der einfachsten Möglichkeiten, um Augenkontakt zu vermeiden, ist das Tragen einer Sonnenbrille.

Anpassen

In der Streetfotografie ist es meist wichtig, „unsichtbar“ zu sein und nicht als Streetfotograf erkannt zu werden. Je besser Sie sich an die Umgebung anpassen, desto eher wird Ihnen dies gelingen.
Denken Sie sorgfältig über Ihre Umgebung und die Menschen um Sie herum nach. Sehen Sie so aus, als gehören Sie dazu? Passen Sie sich an? Die Wahrscheinlichkeit, dass die Leute Sie bemerken, ist geringer, wenn Sie wie alle anderen aussehen. Es ist wichtig, nicht aufzufallen – und noch wichtiger, nicht wie ein Fotograf auszusehen. Sie fügen sich leichter ein, wenn Sie langsam gehen und plötzliche, ruckartige Bewegungen vermeiden.

• Tragen Sie dunkle oder neutrale Kleidung – nicht zu schick oder zu ungepflegt
• Kleiden Sie sich wie die Einheimischen
• Tragen Sie nur minimale Kameraausrüstung

Weniger ist mehr

Vermeiden Sie, wie ein Fotograf auszusehen. Wir alle sehen Menschen, die mit mehreren Kameras, großen Objektiven, riesigen Rucksäcken, Taschen und Gürteln auf der Straße fotografieren. Damit verjagen Sie Ihre Motive. Ich nehme eine Kamera und ein Objektiv, und alles passt in meine Jackentasche oder in eine kleine Umhängetasche.

Weitwinkelobjektiv verwenden

Mit einem Weitwinkelobjektiv können Sie die Kamera auf etwas richten, das im Hintergrund zu sein scheint, während sich die Person direkt vor Ihnen befindet. Das 23mm-Objektiv (äquivalent zu 35mm KB) der X100F ist dafür ideal.

Fotografieren Sie urbane Landschaften statt Menschen

Ist es Ihnen unangenehm, fremde Menschen zu fotografieren? Dann empfehle ich Ihnen, breitere Straßenszenen zu fotografieren, in denen das Umfeld wichtiger ist, als einzelne Personen. Es ist ein unterbewertetes Genre der Streetfotografie und es kann sehr lohnend sein: Es ist langsamer, nachdenklicher und oft technisch anspruchsvoller. Neben meinen Streetfotografie-Workshops veranstalte ich auch Workshops, in denen wir die Beziehung zwischen Menschen und Urbaner Umgebung thematisieren.

Kennen Sie Ihre Rechte

Sie werden als Streetfotograf sicherer, wenn Sie wissen, wo Sie juristisch stehen. In einigen Teilen der Welt benötigen Sie beim Fotografieren in der Öffentlichkeit keine Erlaubnis anderer Personen, wenn Sie diese fotografieren.
Die britischen Datenschutzgesetze z.B. sind verhältnismäßig locker. Der wichtigste Punkt ist, dass jeder das Recht auf sein Privat- und Familienleben hat. Es ist eine Frage des gesunden Menschenverstands: Wenn Sie glauben, dass Ihre Handlungen die Privatsphäre einer Person verletzen, dann hören Sie auf mit dem, was Sie tun. Sie sollten jedoch nicht ständig Angst davor haben, ein Foto von jemandem aufzunehmen. Solange Sie dafür Sorge tragen, dass Sie niemanden fotografieren, der sich durch etwas kompromittiert, ist es legal.
Informieren Sie sich vorab immer über die örtlich gültigen Gesetze. In Frankreich ist das Erstellen und/oder Veröffentlichen von Aufnahmen von Personen ohne deren Einwilligung illegal. Vielleicht gibt es deshalb so wenig Streetfotografie der fotogenen Stadt Paris. Auch in Deutschland ist der Datenschutz ein wichtiges Thema. Hier gilt das Prinzip des Rechts am eigenen Bild. Es zielt darauf ab, ein Gleichgewicht zwischen der persönlichen Privatsphäre und der Meinungsfreiheit herzustellen.
Einige Länder verfolgen einen noch strengeren Ansatz. Wenn Sie zum Beispiel in Ungarn ein Foto von Personen auf der Straße aufnehmen, verstoßen Sie gegen das Gesetz. Das neue Zivilgesetzbuch besagt, dass das Fotografieren ohne die Erlaubnis jeder einzelnen Person auf einem Foto, nicht gestattet ist.
Wenn Ihnen jemand sagt, dass Sie auf der Straße keine Fotos aufnehmen dürfen, weil es illegal ist, oder Sie eine Erlaubnis benötigen, erinnern Sie sich daran, dass in jedem Land andere Regeln gelten.

Zusammenfassend…

Hier eine kurze Zusammenfassung meiner Gedanken zum Thema Streetfotografie:

• Denken Sie immer daran, dass das Fotografieren Spaß machen soll. Für einige wird das Unbehagen immer ein Teil der Streetfotografie bleiben. Wenn Sie sich allerdings nicht der Angst stellen können oder möchten, können Sie sich zum Beispiel einfach auf Stadtlandschaften konzentrieren.

• Versuchen Sie, vor, während und nach der Aufnahme keinen Augenkontakt herzustellen. Es wird Ihr Selbstvertrauen stärken.

• Lassen Sie sich von Arbeiten großer Streetfotografen inspirieren, die Personen nicht in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten stellen, wie z.B. Ernst Haas, Saul Leiter, Fan Ho und Eugene Atget.

• Gehen Sie raus und fotografieren Sie mehr. Je mehr Sie fotografieren, desto entspannter und sicherer werden Sie sich fühlen.

• Suchen Sie sich einen Partner zum Fotografieren – viele von uns fühlen sich sicherer, wenn sie nicht alleine sind.

• Streetfotografie bezieht sich nicht nur auf Menschen – versuchen Sie es mal mit abstrakter Streetfotografie.

Haben Sie die ersten beiden Teile dieses Blogbeitrages verpasst? In Teil 1 und 2 finden Sie weitere hilfreiche Tipps zur Streetfotografie.

**Bitte beachten Sie, dass die Ansichten und Meinungen in diesem Artikel die des Autors sind.**

Mehr von Brian Lloyd Duckett:

Streetfotografie: Stellen Sie sich Ihrer Angst – Teil 1
Streetfotografie: Stellen Sie sich Ihrer Angst – Teil 2

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